Weihnachten mit Mama by Alex Thanner

Weihnachten mit Mama by Alex Thanner

Autor:Alex Thanner [Thanner, Alex]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783641083694
Google: rE49V7QINrAC
Amazon: B008L47ZJG
Herausgeber: Blanvalet Verlag
veröffentlicht: 2012-10-18T22:00:00+00:00


13

Einmal im Leben

möchte ich mal bedient werden

Heiligabend begann am Morgen mit einem Klingeln. Wir saßen friedlich und nichts ahnend in der Küche und schlürften den ersten Kaffee. Papa – noch in seinem dunkelroten Hausmantel – warf einen entnervten Blick auf die alte Kaminuhr, die auf der Anrichte stand und gerade in dieser Sekunde mit glockenhellem, feinem Klang die Viertelstunde schlug. Viertel nach acht.

»So früh? Wer um Himmels willen kann das denn sein?«

»Sicher die Post. Die tragen jetzt rund um die Uhr Pakete aus.«

»Wer soll uns denn ein Paket schicken?«, grummelte Papa, einen Zigarillo zwischen den Zähnen, den er zu dieser frühen Stunde noch nicht anzuzünden gewagt hatte, während Mama sich kurz entschlossen erhob und zur Wohnungstür eilte. »Ich hab nichts bestellt!«, trompetete er ihr hinterher.

Sie hatte die Küchentür hinter sich zugemacht, daher war außer Gemurmel, Parkettknarren und einem signifikanten Husten nichts zu hören. Meine Güte, wer beehrt uns denn zu dieser noch nachtschlafenen Zeit und hustet uns schon am frühen Morgen die Hütte voll, dachte ich. Aber es war eher ein Räuspern als ein Husten, allerdings ein rhythmisches, was so oder so auf angegriffene Stimmbänder schließen ließ.

Flüstern im Flur. Es dauerte eine ganze Weile, bis der Gast wohl abgelegt hatte und präsentabel war. Dann ging endlich die Tür auf – und herein kam Papa.

Nun, es war natürlich nicht Papa. Es war sozusagen sein ausgemergelter Zwillingsbruder. Papa nach sechs Wochen Basenfasten. Runderneuert, schlank, drahtig. Und ein paar Jährchen jünger, würde ich sagen.

Die Ähnlichkeit war frappant. Und noch frappierender war, als Mama den Gast vorstellte, der schüchtern in die Runde nickte.

»Fritz … Johannes … das ist – Francis.«

Papa fiel der Zigarillo aus dem Mund, das schien ihm zur Gewohnheit zu werden. Er fluchte, bis er merkte, dass er ihn noch gar nicht angezündet hatte und seinen Hausmantel nicht durch einen Brandflecken verunstaltet haben konnte. Und dann hustete er. Vielmehr: Er rettete sich in den Husten. Und auch ich hustete.

»Francis … ah … ja«, sagte mein Vater und setzte eine Miene auf, die vollkommenes Unverständnis ausdrückte.

»Ja«, sagte meine Mutter, als sei dies das Selbstverständlichste auf Gottes schöner Erde und als müsste alle Welt, also auch wir, den Gast kennen. Sie machte eine einladende Handbewegung. »Kommen Sie doch herein, Francis.«

Und Francis betrat die Küche, als sei er ein Eindringling, den man nötigte, sich der Polizei vorzustellen. Er blickte jedoch keineswegs schuldbewusst drein, eher neugierig, wie ein Handwerker, der den Gasherd reparieren sollte, und als müsse er sich mit dem Ungetüm vertraut machen, das in der Ecke auf seine Fertigkeiten wartete.

Doch schon seine Kleidung ließ erkennen, dass Francis kein Handwerker war. Er trug einen Dreiteiler mit einer grauen Weste, ein weißes Hemd und eine Fliege. Sein Haar war kurz geschnitten, seine Bewegungen waren geschmeidig. Und er hatte formvollendete Manieren, als er auf Papa zutrat und ihm die Hand reichte. Und dann meine ergriff und schüttelte. »Sie erlauben … Francis Fairlie, zu Ihren Diensten, Mr Siebenschon.« Ein britischer Akzent, unverkennbar. Er verbeugte sich, was ich ebenfalls mit einer Verbeugung quittierte, allerdings einer ironischen.

»Sehr erfreut, Mr Fairlie«, sagte ich.



Download



Haftungsausschluss:
Diese Site speichert keine Dateien auf ihrem Server. Wir indizieren und verlinken nur                                                  Inhalte von anderen Websites zur Verfügung gestellt. Wenden Sie sich an die Inhaltsanbieter, um etwaige urheberrechtlich geschützte Inhalte zu entfernen, und senden Sie uns eine E-Mail. Wir werden die entsprechenden Links oder Inhalte umgehend entfernen.